Unsere erste Nacht in einer japanischen Unterkunft war vorüber und sehr erholsam :-). Nach dem tollen Abendessen gestern, ging es heute mit dem Frühstück ähnlich beeindruckend weiter. Neben den Köstlichkeiten die bereits am Tisch auf uns warteten, gab es auch eine große Auswahl am „Buffet“.
Im Innenhof des Ryokan plätschert frisches Wasser vor sich hin.
Am Vormittag wurden wir von unserem Guide Schingo am Ryokan abgeholt. Heute geht die Fahrt in das zentrale Hochland von Kyushu. Ein Ausflug in diese wunderschöne Gegend, die vom Tourismus „zum Glück“ noch nicht überrannt wird, ist immer noch ein Geheimtipp.
Den Namen Gokanosho findet man auf keiner Landkarte, er bezeichnet eher das Gebiet bzw. den Rückzugsort, in dem sich vor langer Zeit ein Samurai Clan niederließ und versteckte. Wörtlich übersetzt bedeutet er „Ort der 5 Familien“.
Ein kurzer geschichtlicher Hintergrund:
Im 11. und 12. Jahrhundert gehörte der Heike Clan mit zu den mächtigsten Familien in Japan. Sie waren kultiviert, in die kaiserliche Familie eingeheiratet und hatten ein sehr hohes Ansehen. Natürlich war die Rivalität zwischen den Clans um Macht und Anerkennung sehr groß – wie auch die blutigen Schlachten zwischen den Clans. Eine der brutalsten Rivalitäten wurde zwischen dem Heike und dem Genji Clan ausgetragen. Lange Zeit konnte der Genji Clan nichts gegen den Heike Clan ausrichten, bis irgendwann eine neue kämpferische Generation des Genji Clans heranwuchs.
Im Genpei Krieg von 1180 bis 1185 wurde der Heike Clan besiegt. Der Genji Clan zog durch das Land und töteten jeden der mit dem Heike Clan in Verbindung stand. In der Seeschlacht von Don-no-ura an der Küste von Shimonoseki konnte Kiyotsune Taira, als einer der letzten Überlebenden des Heike Clan, fliehen. Man nahm allerdings an, dass er in der Schlacht ums Leben kam. Zuflucht fand er in den Bergen von Kyushu. Hier wechselte er oft den Wohnsitz und auch seinen Namen von Taira in Ogata. Die Nachfahren von Kiyotsune liessen sich in verschiedenen kleinen Siedlungen von Gokanosho nieder.
Erster Halt war das Haupthaus der Familie Ogata. Das Haus ist über 300 Jahre alt und sehr gut erhalten. Vor Ort begrüßte uns ein ansässiger älterer Herr der das Anwesen pflegt und nebenbei für die Touristen eine Führung durch das Haus unternimmt. Wir erhielten sogar eine Eintrittskarte :-).
Unser Guide Schingo übersetzte uns die Erzählungen des alten Mannes. Jeder Raum hat seine kleine Geschichte zu erzählen. Mal einfache Geschichten über das tägliche Zusammenleben, mal Geschichten über die kriegerischen Auseinandersetzungen mit fremden Eindringlingen.
Auf das Dach des Hauses sind die Nachfahren noch bis heute stolz. Dank zahlreicher Spenden ist es immer noch gut erhalten und erst vor kurzem vollständig saniert worden.
Im unteren Bild sieht man mitten im Raum eine Feuerstelle zum Kochen. Das Kochen in den Häusern und der dadurch entstehende Rauch sind sehr wichtig, damit das Holz und das Dach „versiegelt“ und frei von Ungeziefer bleibt. Die dunkle Färbung des Holzes kommt durch den Rauch. Da das Gebäude jetzt unter Denkmalschutz steht, ist es nicht mehr erlaubt die Feuerstelle zu benutzen. Deshalb müssen sich die Leute etwas anderes einfallen lassen :-).
Hinter einigen Schiebetüren befinden sich Verstecke, in denen die Köpfe enthaupteter Gegner aufbewahrt wurden.
Im Dach des Hauses gibt es noch einen kleinen Raum den man von außen nicht erahnt. Dieser Raum wurde eingerichtet, falls doch einmal jemand heraus finden sollte, wo sich die Nachfahren des Heike Clans versteckt hielten.
Weiter geht die Fahrt durch die Berge und Täler von Gokanosho. Die rosafarbenen Tupfer in den Mischwäldern sind frisch blühende Kirschbäume.
Nächster Halt ist das Museum des Heike Clans.
Auf dem Gelände befindet sich neben dem Museum noch eine Art Freilichtmuseum. In einer traditionellen Küche werden z.B. Suppen noch wie damals zubereitet und in den Scheunen kann man sich landwirtschaftliche Geräte und andere Dinge anschauen.
Neben dem Museum befindet sich auch noch eine kleine überdachte Bühne.
Gleich am Eingang des Museums wird man von diesem netten Gesellen begrüßt. Er trägt traditionelle japanische Krieger-Bekleidung.
Auf dieser grünen Scheibe ist das Gebiet von Gokanosho mit den einzelnen kleinen Siedlungen dargestellt.
Das Museum ist wirklich mit sehr viel Liebe zum Detail eingerichtet. Unser Guide Schingo konnte uns zu jeder Szene eine Geschichte erzählen. Wenn man sich das nur alles merken könnte ;-).
Im Großen und Ganzen wird in diesen wirklich toll gestalteten Schaubildern die Geschichte des Heike Clans von der Blütezeit bis zum Untergang erzählt.
Unser Mittagessen gab es in dem kleinen Restaurant auf dem Gelände des Museums. Eine sehr sehr leckere Suppe mit selbst gemachten Nudeln.
Und zum Füße wärmen gab es diese praktische Feuerstelle im Raum :-).
Blick vom Gelände des Museums hinunter ins Tal.
Eine weitere Sehenswürdigkeit in Gokanosho sind die tollen Hängebrücken, die über die zahlreichen Gebirgsflüsse gespannt sind. Wenn man darüber nachdenkt, dass es diese früher nicht gab, war es von außen wirklich nur sehr schwer möglich hier her zu gelangen.
Die Momigi Hängebrücken wurden aus japanischen Zedern- und Kastanienholz gefertigt. Die große Brücke im unteren Bild trägt den Namen Ayatori-bashi, ist 72 Meter lang und hängt 35 Meter über dem Momigi Fluss.
Zum Glück sind wir schwindelfrei. Die kleinere der beiden Brücken hört auf den Namen Shakunage-bashi, ist 59 Meter lang und 17 Meter oberhalb des Flusses aufgespannt.
Noch mal, das schaukelt so schön 😉 ….
Huuiii :-). Die Brücken spielen bis heute eine wichtige Rolle im Leben der Menschen, da sie eine sichere Verbindung zwischen den Siedlungen für Schulkinder, Händler und Einheimische bieten.
Auf dem Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit war es immer wieder toll die Wolken zu beobachten wie sie sich im Tal sammelten und dann ganz schnell wieder wegzogen. Eine mystische Stimmung stellte sich ein.
Der nächste Stopp war der Sendan-Todoro Wasserfall. Er ist der größte Wasserfall in der Gegend von Gokanosho. Der Weg dorthin führt durch eine wunderbar grüne Natur.
Am Wegesrand steht dieser kleine Schrein.
Durch den starken Regen fallen die schönen roten Blüten von den Bäumen. Ein schönes Fotomotiv für mich :-).
Und hier ist er auch schon – der Sendan-Todora Wasserfall mit einer Höhe von 70 Metern.
Trotz des Regenwetters ist es einfach herrlich hier. Bei warmen Wetter im Sommer kann man es hier sicher den ganzen Tag aushalten und die Füße ins Wasser hängen.
Der Mischwald kann sich hier wirklich so nennen :-). Neben Laub- und Nadelbäumen wächst jede Menge Bambus in den Wäldern.
Und weiter geht die Tour zum letzten Halt – der Umenoki Todoro Brücke.
Im Jahr 1989 wurde die 116 Meter lange Brücke errichtet.
Von hier aus hat man dank der Brücke einen leichten Zugang zum Umenoki Todoro Park.
Da es nun schon langsam Abend wurde, machten wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft – dem Minshuku Heike-so Gokanosho. Das ist aber nicht irgendeine Unterkunft, sondern ein über 300 Jahre altes Anwesen der Nachfahren der Heike-Samurai-Dynastie. Es ist direkt an einem Gebirgsfluss gelegen.
Für die Nacht war schon alles vorbereitet. Das Tolle in dieser Unterkunft war die Heizdecke unter dem Tisch. Da die Temperaturen doch eher im einstelligen Bereich waren, schaltete wir das Teil auch gleich an und steckten die Beine darunter. Herrlich :-).
Am Tisch stand schon alles für die Zubereitung eines leckeren grünen Tees bereit. Wir zeigen jetzt mal wie das geht:
Deckel auf und Lage checken. Ok, Kanne ist leer. Frischen grünen Tee in das Sieb geben und heißes Wasser drauf gießen.Nun 1-2 Minuten warten, dann ein wenig die Kanne schwenken und anschließend servieren :-).
Bei diesem frösteligen Wetter ist das jetzt genau das Richtige!
Nun war es auch schon für das Abendessen soweit und wir zogen uns den in jeder japanischen Unterkunft bereitliegenden Kimono an. Im Nachhinein betrachtet wurde uns hier das beste Essen auf der Reise serviert. Wie man dem Menü entnehmen kann *haha* – wurden uns zahlreiche Köstlichkeiten serviert.
Wir kamen uns vor wie im Schlaraffenland :-). Der Fisch am Stock kam, wie man erahnen kann, direkt aus dem Fluss nebenan. Am offenen Feuer wurde die Haut noch mal richtig schön knusprig.
Dann gab es noch Wild, frittierten Tofu, Tempura, Buchweizennudeln, Rindfleisch, Suppe, Sashimi …. und leckeren Nachtisch. Irgendwas hab ich bestimmt vergessen ;-). Eine kulinarische Abenteuerreise.
Nach diesem Festmahl nutzen wir die Gelegenheit und besuchten das Onsen, welches direkt am Gebirgsfluss lag und überdacht war. Nach diesem sehr schönen Tag, jedoch bei etwas frösteligem Wetter, tat so ein typisches heißes japanisches Bad sehr gut.